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Nigge/Bertram scheitern mit Haushaltssicherungskonzept

Wer sich nicht um Mehrheiten bemüht, muss sich am Ende nicht wundern, wenn er keine Mehrheit bekommt. Darauf hatte Oliver Müller für die Fraktion Die Linke/BSG schon vor der Abstimmung in seiner Haushaltsrede hingewiesen. Es kam wie es kommen musste: Oberbürgermeister Dr. Jörg Nigge und Kämmerer Thomas Bertram bekamen für ihr Haushaltssicherungskonzept nur die Stimmen von CDU, FDP und Die Unabhängige. Nach einem verfahrenstechnisch etwas undurchsichtigen Gewusel kam es dazu, dass ein überarbeiteter Haushalt im Januar erneut eingebracht wird. Zu einzelnen Aspekten berichten wir in den nächsten Wochen. Hier erst einmal die Rede von Oliver Müller, die zentrale Probleme benennt:

 

Egal, ob der Haushalt heute scheitert oder nicht – es stellt sich die Frage, wer die Verantwortung trägt für diesen Eiertanz?

Ich behaupte, es sind nicht diejenigen, die heute mit NEIN stimmen. Es ist erstens ein Verwaltungsvorstand, der meint, ohne Rat agieren zu können. Und es ist zweitens eine CDU, die ihrer Verantwortung als größter Fraktion und Gruppe im Rat schlicht und einfach nicht nachkommt. Ich will beides begründen.

Letztes Jahr ist es nur mit dem Mittel der geheimen Abstimmung gelungen, eine knappe Mehrheit für den Haushalt zu bekommen. Seitdem hat sich nichts geändert. Im Gegenteil: Der Verwaltungsvorstand bringt alle Fraktionen und Gruppen im Rat – außer der CDU – gegen sich auf. Fast durchgängig wird der Eindruck vermittelt, wieviel besser man diese Stadt doch „regieren“ könne ohne die Querulanten im Rat. Das ist zugespitzt, aber trifft – glaube ich – die Erfahrung vieler Kolleginnen und Kollegen. Sie denken sich die Stadt eben als Konzern, wovon schon die Bezeichnung Verwaltungsvorstand zeugt. Den Begriff gibt es im Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetz nicht. Zugegeben: Eingeführt hat den Begriff noch OB Mende, aber auch der sah die Stadt ja schon als Konzern

Der Rat ist in dieser Denke nicht mehr Ideengeber und Vermittlungsinstanz zu den Bürgerinnen und Bürgern, sondern ein Aufsichtsgremium – und für unseren Vorstand ein Störfaktor.

Ich behaupte: Solange nicht anerkannt wird, dass der Rat etwas völlig Anderes ist als ein Aufsichtsrat, nämlich keine Vertretung von Aktionären oder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, sondern eine Vertretung der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt – solange kann es keine vernünftige Zusammenarbeit geben

Nur zwei Beispiele für die Punkte Ideengeber und Vermittlungsinstanz: Wer Ideen hat und in Form von Anfragen und Anträgen einbringt,

kann vielfach über die Borniertheit und Ignoranz der Verwaltung nur noch den Kopf schütteln – wobei es tatsächlich trotz vielfältiger Kritik immer sogar noch darum geht, dass Anträge im Papierkorb zu verschwinden scheinen. Da fehlt es nicht an Personal, wie es immer wieder heißt. Es fehlt an Willen.

Zweites Beispiel: Wenn mich jetzt Bürgerinnen und Bürger auf die Situation im Krankenhaus ansprechen, kann ich ihnen nichts dazu sagen. Warum nicht? Weil es der Oberbürgermeister nicht für nötig hält, den Rat zu informieren. Wobei ich sagen würde, seine Pflicht ist nicht nur, den Rat zu informieren, sondern vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger selbst.

Ich komme zur CDU. Was wäre die Aufgabe der größten Gruppe im Rat? Selbstverständlich muss sie – gemeinsam mit dem Oberbürgermeister – versuchen, eine Mehrheit für den Haushalt zu bekommen. Auf der großen Bühne nennt man das: eine Koalition schmieden.

Die CDU ist dazu ganz offensichtlich weder bereit, noch in der Lage. Im Gegenteil: Sie tritt ihrem potenziellen Partner Nummer 1, nämlich der Sozialdemokratie, immer wieder vors Knie. Und selbstverständlich müsste sich ein Partner im Haushalt mit eigenen Ideen wiederfinden können. Wer diese Realitäten nicht anerkennen mag, sollte sich aus der Politik zurückziehen – bzw. hätte sich besser gar nicht hineinbegeben. Es geht dabei um die vielzitierten „Bauchschmerzen“. Zugegeben – aktuell brauchen wir, also Die Linke/BSG, uns darum keine Gedanken machen. Aber nur nebenbei: Testen Sie doch einfach mal, wie hoch unsere Latte liegt? Oder zum Beispiel auch die der Bündnisgrünen. Bringen Sie uns doch mal in die Verlegenheit.

Aber wahrscheinlich haben sie ja Recht. Wir liegen in einigen zentralen Punkten so weit auseinander, dass da nichts zusammengehen kann.

Die Cellesche Zeitung hat es am Dienstag für uns ganz gut auf den Punkt gebracht: Solange „Heilige Kühe“ wie die Union nicht nur geschont, sondern sogar für ihre Ineffizienz belohnt werden, können wir nicht zusammenkommen. Dies will ich für die anwesenden Bürgerinnen und Bürger nochmal erläutern:

Sie haben gehört, wie mäßig es der Stadt finanziell gehen soll. In dieser Situation soll die Union eine neue Küche bekommen – Kostenpunkt: 570.000 Euro. Im Vorbericht ist dazu zu lesen – und das ist praktisch die einzige Information, die die Öffentlichkeit dazu bekommt:

„Der Ersatz der Kühlverbundanlage und Küche im BgA Congress Union Celle betrifft den Betrieb des Thaer’s Wirtshaus. Die Anlage ist im Jahr 2018 bereits defekt ausgefallen und musste notdürftig in Gang gehalten werden. Der Betrieb des Wirtshauses ist einträglich und verbessert das Ergebnis des BgA. Ein Ausfall des Betriebs ist bei weiterer Wahrnehmung der Aufgabe nicht hinnehmbar und unrentabel.“

Ich will hier wahrlich nicht als Wettbewerbshüter auftreten. Aber was die Gastronominnen und Gastronomen in dieser Stadt davon halten, können Sie sich denken. Bei Anträgen sozialer Einrichtungen dieser Stadt heißt es aus der Verwaltungsspitze oftmals, solch eine positive Bescheinigung könne bei anderen Begehrlichkeiten wecken. Meine Damen und Herren, was glauben Sie denn was diese Zahlung bei anderen Gastronomen auslöst, wenn sie dies mitbekommen? Im Übrigen sehe ich persönlich es höchst kritisch, wenn ein Wirtschaftsunternehmen, was ja in Konkurrenz zu Mitbewerbern steht, mit öffentlichem Geld subventioniert wird.

Das Ergebnis der BgA Congress Union Celle ist insgesamt nicht nur unrentabel, sondern ist seit über 20 Jahren die wesentliche Säule für unsere Schulden. Und dass der Betrieb von Thaer’s Wirtshaus tatsächlich einen Gewinn erzielt, ist zunächst einmal nicht mehr als eine Behauptung. Wissen tun es hier im Rat höchstens die Aufsichtsratsmitglieder. Aber was heißt schon rentabel, wenn die Stadt dem Wirtshaus mal so eben eine neue Küche finanzieren muss, was das Wirtshaus aus eigener Kraft offensichtlich nicht kann. Wo ist da die Rentabilität?

Und der Verwaltungsvorstand will, aus welchen Gründen auch immer, diesen Elefanten im Raum nicht wahrhaben. Wir haben im Mai eine Anfrage gestellt und deren Beantwortung zu den Haushaltsberatungen erbeten. Was glauben Sie: Haben wir eine Antwort bekommen? – Nein. Nicht einmal eine Zwischennachricht.

Ich verlese die Frage mal, damit Sie wissen, worum es geht:

„In der Beantwortung des Antrages AN/0115/17 der Fraktion DIE LINKE/BSG „Einbeziehung der Congress Union in das Haushaltssicherungskonzept“ teilte die Verwaltung im Ausschuss für Finanzen, Personal und Verwaltungsmodernisierung in der Sitzung vom 21.09.2017 mit, dass Ergebnisse einer Machbarkeitsstudie zur Optimierung der finanziellen Situation der Congress Union Celle im ersten Quartal 2018 vorliegen würden.
1.) Wann beabsichtigt die Verwaltung, den Rat über diese Ergebnisse zu informieren? [..]
2.) Gibt es hier einen aktuellen Stand? Wenn ja, wird hierüber im Kontext der Machbarkeitsstudie informiert?
3.) Ist absehbar, ob und welche Auswirkungen sich im Zusammenhang mit Betriebsprüfung und Machbarkeitsstudie für den Haushalt 2019 ergeben? Wann will die Verwaltung hierzu Stellung nehmen?“

Vielleicht haben wir zum Haushalt 2020 ja eine Antwort. Aber Sie sehen vielleicht: Wie sollen wir angesichts einer derartigen Verweigerungshaltung des Verwaltungsvorstands seinem Haushalt zustimmen?

Bei der ganzen Haushaltssanierung, mit der wir uns seit Jahren herumquälen, stehen immer die freiwilligen Leistungen auf dem Prüfstand, zuletzt – nur als Beispiel – die Schließung von Kunst & Bühne. Selbstverständlich ist auch die Union eine freiwillige Leistung. Ich weiß, dass es Verträge gibt. Aber Verträge lassen sich bekanntlich beenden. Und ich möchte in diesem Zusammenhang 
noch einmal die BV 306 aus dem Jahre 2016 anführen:

Mit der Begründung, dass es in der Union mehr Veranstaltungen gab als geplant, gab es ein erhöhtes Defizit, was ohne Diskussion hier im Hause mit 185.000 € aus unserem Kernhaushalt ausgeglichen wurde. Ja, sie haben richtig gehört. Jedes „Mehr“ in der Union scheint ein höheres Defizit mit sich zu bringen. Gekontert wird dann damit, dass sich im Tagungsgeschäft eben keine Gewinne erzielen lassen. Erstaunlicherweise sieht unser ehemaliger Geschäftsführer Joachim König das heute in seienr Funktion als Präsident des Europäischen Verbands der Veranstaltungs-Centren ganz anders – es könne ein lukratives Geschäft sein. So jedenfalls seine Aussagen gegenüber der „Allgemeinen Hotel- und Gaststättenzeitung“.

Unsere Haushaltsmisere, so hören wir Ratsmitglieder, beruhe auf zu hohen freiwilligen Leistungen der Stadt. Wir wären Spitzenreiter in Niedersachsen. Also sparen wir jährlich freiwillige Leistungen in Kultur und Sport ein – aber den vermutlich entscheidenden Brocken, wir reden hier über jährlich ca. 2,5 Millionen Euro, den tasten wir nicht an.

Und daher, werte Kolleginnen & Kollegen, ist die übliche Drohung im Vorfeld der Haushaltsberatungen, die Verweigerer würden den Vereinen schaden, weil in der haushaltslosen Zeit keine freiwilligen Auszahlungen getätigt werden können, leider etwas sehr verkürzt gedacht.

Wir möchten mit unserer Haltung demonstrieren, dass wir für eine langfristige und verlässliche Unterstützung der vielen organisierten Ehrenamtlichen stehen – und nicht den vermeintlichen 
Leuchtturm Union permanent ohne Diskussion mit immer größeren Summen auf Kosten der Vereine stützen.