Celler Synagoge
Linke/BSG gegen Eintritt und Ein-Euro-Jobs
Im Zuge der Diskussionen um Einsparmöglichkeiten im städtischen Haushalt war zuletzt auch darüber diskutiert worden, Eintritt für den Besuch der Ausstellungen in der Celler Synagoge zu nehmen. Doch dies ist mit einem Problem verbunden: Ein Teil der Öffnungszeiten wird von einer Ein-Euro-Kraft (korrektes Amtsdeutsch: Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung) aufrecht erhalten. Diese nun wiederum darf - laut Gesetz - kein Eintrittsgeld kassieren. Würde man aber die Ein-Euro-Kraft in ein normales Arbeitsverhältnis überführen, wäre dann trotz Erhebung von Eintritt ein Minus-Geschäft daraus geworden. Deshalb beschloss der Stadtrat jetzt, erst einmal alles so zu lassen, wie es ist - aber auch Gespräche mit der Gesellschaft für Christlich-jüdische Zusammenarbeit e.V. und der Jüdischen Gemeinde zu suchen mit der Frage, ob diese sich eine Übernahme der Verantwortung für die Synagoge vorstellen können. (Beschlussvorlage) (Darstellung der Varianten)
Für die Fraktion Die Linke/BSG ging Behiye Uca (Die Linke) in der Ratssitzung am 11.12.2014 auf diese Fragen ein, insbesondere forderte sie die Abschaffung des Ein-Euro-Jobs:
"Ich möchte zwei Anmerkungen machen: Erstens: Wir finden es richtig, auch künftig keinen Eintritt zu nehmen. Zweitens: Wir finden es falsch, die Synagoge an die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit oder an die Jüdische Gemeinde zu übertragen. Wir finden es vor allem deshalb falsch, weil es dabei nicht um eine inhaltliche Frage geht, sondern einzig um eine finanzielle Frage.
Einige Sätze zur Begründung: Wir sollten uns in Erinnerung rufen, dass noch vor drei Jahren ernsthaft über die Einrichtung eines NS-Dokumentationszentrums im „Torhaus“ diskutiert wurde. Vor dem Hintergrund war die Diskussion um Öffnungszeiten oder Eintrittsgeld bei der Synagoge ein bisschen absurd. Es ist gut, dass diese Diskussionen vom Tisch sind.
Wir sind der Auffassung,
dass die Synagoge in den vergangenen 40 Jahren in Celle zu dem zentralen Ort für die Erinnerungskultur geworden ist. Das Veranstaltungsprogramm kann sich mit allen niedersächsischen Städten messen. Und es sollte uns klar sein, dass dieses Programm im wesentlichen durch das Zutun des Stadtarchivs so anspruchsvoll ist und deshalb soviel Zuspruch erfährt. Deshalb darf sich die Stadt nicht daraus zurückziehen – auch nicht formal, und schon gar nicht aus Kostengründen.
Ich komme zu einem Punkt, der uns schon immer gestört hat. Das ist die Frage der in der Synagoge eingesetzten Ein-Euro-Kräfte.
Direkt bei der Stadtverwaltung werden seit Jahren aus gutem Grund keine Ein-Euro-Kräfte mehr beschäftigt. Deshalb es bei der Synagoge nur über den Trick, dass die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit die Trägerschaft übernommen hat. Die Öffnungszeiten, die dadurch ermöglicht werden, sind unser Auffassung nach aber längst nicht mehr zusätzlich, wie es das Gesetz verlangt. Sie sind, wie auch der heutige Beschlussvorschlag zeigt, von Verwaltung und Rat mehrheitlich gewollt. Also sollte dafür endlich ein normales Arbeitsverhältnis eingerichtet werden.
Wir halten das auch aus moralischen Gründen für absolut erforderlich. Ich weiß nicht, ob allen hier im Rat bekannt ist, dass die Praxis der Ein-Euro-Jobs von der Internationalen Arbeitsorganisation überaus kritisch gesehen wird. Und zwar deshalb, weil bei Ablehnung eines solchen Ein-Euro-Jobs das Arbeitslosengeld gekürzt wird. Das Problem ist also, dass es für Erwerbslose keine Wahlfreiheit gibt. Das aber wird in dem völkerrechtlichen Vertrag der Internationale Arbeitsorganisation vorgeschrieben.
Die Synagoge ist ein Ort, in dem es auch um „Menschenrechte“ geht. Und deshalb passen die fragwürdigen Ein-Euro-Jobs hier nun überhaupt nicht hin."
Weiterführende Info zur Frage Ein-Euro-Jobs siehe Max Kern: Zur Frage der Vereinbarkeit von Recht und Praxis der Arbeit nach § 16 Abs. 3 SGB II i.V.m. § 31 SGB II mit dem IAO-Übereinkommen (Nr. 29) über Zwangs- oder Pflichtarbeit, 1930, Mai 2008, S. 66 ff. (Studie der Hans-Böckler-Stiftung, Stiftung des DGB)