Landrat antwortet auf Anfrage zu Bohrschlammgruben
Auf die Anfrage der Kreistagsabgeordneten Behiye Uca (Die Linke) zur Problematik der Bohrschlammgruben im Landkreis Celle (siehe Anfrage) hat Landrat Klaus Wiswe jetzt wie folgt geantwortet:
Sehr geehrte Frau Uca,
zu Ihrer Anfrage in Sachen „Bohrschlammgruben im Landkreis Celle“ nehme ich wie folgt Stellung:
Der Landkreis Celle ist in besonderer Weise durch das Erdöl geprägt. Die weltweit erste fündige Bohrung wurde 1858 in Wietze abgeteuft. Zwar setzte der Ölboom erst um die Jahrhundertwende ein, trotzdem darf dieses Ereignis als Beginn der industriellen Erdölförderung gelten. Nach und nach, mit Schwerpunkten in den Jahren der Weltkriege, erfolgte die Erschließung von insgesamt acht Erdölfeldern: Wietze, Nienhagen, Bannetze, Rixförde, Eicklingen, Thören, Hohne, Wiedenrode. Lediglich die Felder Hohne und Wiedenrode wurden nach dem II. Weltkrieg erschlossen. Insgesamt wurden über 4.000 Bohrungen nach Erdöl niedergebracht; ungefähr die Hälfte davon allein im Feld Wietze. Hier gab es eine weitere Besonderheit, nämlich die bergmännische Gewinnung von Sickeröl und Ölsand unter Tage. Der aus den gewaschenen Ölsanden entstandene so genannte Ölberg prägt noch heute die Wietzer Landschaft.
Die Hochzeit der Erdölförderung im Landkreis Celle, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts lag, ist längst vorbei, nur im Feld Nienhagen laufen heute noch einzelne Pumpen. Das bedeutet natürlich, dass zur Betriebszeit der meisten Anlagen gänzlich andere Umweltstandards als heute galten.
Bis etwa 1960 war es so üblich, dass auf den meisten Bohrplätzen Schlammgruben eingerichtet wurden. Zum Teil wurden diese im Zuge des Rückbaus wieder beseitigt und der Bohrschlamm zu den Zentralschlammgruben transportiert.
Seit 1904 unterliegen Erdölanlagen der Bergaufsicht. Bis dahin durfte jeder Grundstückseigentümer nach Erdöl bohren und Schlammgruben anlegen. Bis 1980 endete die Bergaufsicht formlos mit der Beendigung der Förderung. Heute ist dafür die Durchführung eines Abschlussbetriebsplanes erforderlich. Die Kreisbehörden werden hierbei beteiligt. Daraus folgt, dass der Landkreis Celle kaum über Dokumente aus der Zeit vor 1980 verfügt.
Dies vorausgeschickt beantworte ich die Anfrage wie folgt:
zu 1. Das Niedersächsische Ministerium für Umwelt, Energie und Klimaschutz hat im November 2014 die Erfassung sämtlicher Bohr- und Ölschlammgruben in Niedersachsen initiiert. Seitens des Landkreises Celle und des Zweckverbandes Abfallwirtschaft Celle (ZAC) wurden 36 bekannte Bohr- und Ölschlammdeponien unterschiedlichen Charakters gemeldet. Zehn davon zählen streng genommen nicht dazu, hier wurden Bohr- und Ölschlämme zusammen mit Hausmüll und anderen Abfällen abgelagert. Sechs Schlammgruben auf Bohrplätzen konnten ermittelt werden, weil sie auf Kriegsluftbildern erkennbar waren. Angesichts der Anzahl der abgeteuften Bohrungen dürfte es von diesen, eher kleinen Gruben, die sich unmittelbar auf oder nahe den Bohrplätzen befinden deutlich mehr geben. Je nach bergrechtlichem Status und Charakter der jeweiligen Schlammgruben können das Landesamt für Bergbau, ...
Energie und Geologie (LBEG), der ZAC oder der Landkreis Celle zuständig sein. Die Frage der Zuständigkeit für die einzelnen Gruben wird im Laufe des Frühjahrs nach den grundsätzlichen Festlegungen des Landes getroffen werden, siehe zu 3.
zu 2. Die Lage der derzeit bekannten Bohrschlammgruben kann der in der CZ veröffentlichten, von Landkreis und ZAC gemeinsam erstellten Karte entnommen werden. Da im gesamten Kreisgebiet Bohrungen niedergebracht wurden, könnten grundsätzlich alle Gemeinden betroffen sein. Schwerpunkte bilden natürlich die oben genannten Erdölfördergebiete.
Schlammgruben, die innerhalb der letzten ca. 30 Jahre stillgelegt und aus der Bergaufsicht entlassen wurden, verfügten bzw. verfügen im Regelfall über ein Grundwassermessstellennetz, mittels dessen deren Einfluss auf das Grundwasser untersucht wurde. Diese jüngeren Schlammgruben wurden zumeist mit einer Oberflächenabdichtung, die den Zutritt von Regenwasser verhindert, versehen. Ältere Schlammgruben wurden zum Teil untersucht. Die Untersuchungsergebnisse fielen sehr unterschiedlich aus; je nach Einzelfall liegt eine Beeinflussung des Grundwassers durch z.B. Kochsalz (aus Bohrspülung) oder Erdöl vor, nicht selten wurde jedoch festzustellen, dass die Grundwasserbeschaffenheit nicht schädlich verändert wird.
zu 3. Die Bearbeitung der Bohrschlammgrubenproblematik wird durch das Land koordiniert. Hierzu wurde eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Umwelt- und des Wirtschaftsministeriums sowie des Landesamtes für Bergbau, Energie und Geologie gebildet. Derzeit erfolgt die zentrale Erfassung aller Bohrschlammgruben mittels Abfrage bei den Unteren Bodenschutzbehörden, den Bergbaufirmen und der Bergbehörde. Parallel dazu verhandelt das Land mit den Bergbaufirmen über eine – möglichst frühzeitige – Beteiligung der Firmen an den sich nach Entwicklung des fachlichen Rahmens als notwendig und angemessen erweisenden Maßnahmen. Sollte sich ergeben, dass zusätzlich zu den derzeitigen Ermittlungen der Standorte durch Aktenauswertung weitergehende Recherchen notwendig sind, kann die Befragung von Zeitzeugen hilfreich sein.
Eine landesweite Abstimmung der weiteren Verfahrensweise ist im Laufe des Frühjahrs 2015 zu erwarten. Landkreis und ZAC arbeiten in dieser Sache bereits eng zusammen und stehen in Kontakt zu den beteiligten Landesbehörden.