Information#20121012

Antwort auf Frage nach Kosten der Unterkunft

Landkreis: „[...] keine Auswertungsmöglichkeiten“

Nicht beantworten kann der Landkreis Celle die Anfrage der Kreistagsabgeordneten Behiye Uca (Die Linke) danach, wie hoch aktuell die Zahl der Bedarfsgemeinschaften nach SGB II und SBG XII ist, bei denen der Landkreis eine Kostensenkungsaufforderung erlassen hat. Behiye Uca hatte danach gefragt - und zwar bezogen auf die Jahre 2009 bis 2011. Der Hintergrund: Der Landkreis arbeitet mit einer so genannten Mietwerttabelle, mit der Kostenobergrenzen für die zu erstattende Miete festgelegt sind. Für viele Leistungsempfänger_innen nach SGB II ("Hartz IV) und SGB XII ("Grundsicherung"), bedeutet dies, dass sie sich entweder eine kostengünstigere Wohnung suchen mussten/müssen (Stichwort: Zwangsumzüge) oder eben die fehlenden Beträge aus der Leistung für ihren Lebensalltag abzweigen müssen.

Hier die Anfrage und die Antwort zum download

Wie dramatisch die Zahl der Betroffenen war, konnte der Landkreis immerhin noch für die Einführung der Mietwerttabelle ausweisen: 1.952 Bedarfsgemeinschaften, d.h. Haushalte, im Landkreis Celle hatte eine nach Auffassung des Landkreises "zu teure" Wohnung und wurden entsprechend zur Senkung ihrer Kosten aufgefordert. Für die Zeit danach will der Landkreis keine neuen Zahlen vorlegen (können). Der Grund sei eine ab dem 30.9.2011 eingeführte neue Software, die keine Auswertungsfunktion für die Frage nach "Kostensenkungsaufforderungen" enthalte.

 

Dies ist bei der Vielzahl der Betroffenen aus unserer Sicht nicht nachvollziehbar, denn gerade über die Frage der Zahl der Kostensenkungsaufforderungen lässt sich für die Öffentlichkeit nachvollziehen, ob die Mietwerttabelle die Situation tatsächlich realistisch abbildet. Selbstverständlich ist es unter sozialpolitischen Gesichtspunkten nicht akzeptabel, wenn ein durch den Landkreis initiierter Kostendruck zu einer hohen Zahl von Zwangsumzügen oder eben auch zu Mietzuzahlungen aus der Regelleistung führen, womit die alltägliche Lebenssicherung der Betroffenen noch prekärer wird als sowieso schon. Da es sich um existenzielle Fragen handelt, halten wir es für nicht hinnehmbar, dass der Landkreis hier die notwendige Transparenz nicht herstellt.

Die Mietwerttabelle führt immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten, wobei mittlerweile auch das gesamte Konzept des Landkreises wackelt. Z.B. hat das Sozialgericht Dessau-Roßlau hat in einer Entscheidung (v. 17.08.2012 - S 11 AS 2430/11) den Mietwertspiegel des Landkreises Wittenberg, erstellt durch die Hamburger Firma "Analyse & Konzepte", zerpflückt und stattdessen die deutlich besseren Höchstwerte nach der Wohngeldtabelle als maßgeblich angesehen. Auch der Mietwertspiegel des  Landkreis Celle ist von  "Analyse & Konzepte" erstellt worden. Die Kritik des Sozialgerichts dürfte somit auch für Celle gelten. Die Kammer kam zu der Auffassung, dass die erhobenen Daten nicht dazu geeignet sind, die Mietverhältnisse zuverlässig abzubilden, weil die Datenbasis hierfür nicht - wie das Bundessozialgericht verlangt - auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht. Auch sei die reine Erhebung von Bestandsmieten nach Auffassung der Kammer nicht geeignet, den Markt für Neuvermietungen zutreffend abzubilden.

In seiner Antwort teilt der Landkreis mit, dass er für die Zeit ab 2013 ein neues Gutachten in Auftrag geben wird - ob wieder bei "Analyse & Kompetenz" wird nicht mitgeteilt.